„Digitalisierung und Konnektivität sind wichtige Themen, aber es wäre ein Fehler, darauf zu vertrauen, dass das all unsere Verkehrsprobleme löst“, unterstrich Dr. Florian Krummheuer von der VDV-Tochter Infra-Dialog GmbH. Fakt sei, dass die Digitalisierung da sei und die Verkehrsbranche verändere. Sie könne helfen, Verkehrsprobleme symptomatisch zu lösen und einen Beitrag zur Verkehrswende zu leisten. „Sie kann die Probleme aber auch verschärfen“, so Krummheuer. „Die Frage ist, ob wir den Verkehr nicht erhöhen, wenn wir ein System schaffen, in dem alles immer bequemer und günstiger wird?“ Die Digitalisierung bezeichnete er als Chance für den Verbraucher, aber als Gefahr für etablierte Verkehrsunternehmen. Sein Fazit: Nachhaltige Verkehrspolitik ist mehr als Digitalisierung. „Es geht nicht ohne drastische Einschnitte, vor allem für das Auto, wir brauchen bessere Fuß- und Radwege und einen leistungsfähigen Öffentlichen Personennahverkehr.“ Eine nachhaltige Verkehrspolitik bedeute in seinen Augen eine Abkehr von der Effizienz- und Wachstumslogik.Um den Blick zum Thema Konnektivität etwas zu weiten, stellte Franziska Weiser, Gründerin des Start-Ups „Carré Mobility“, ihre Geschäftsidee vor. Ziel sei es, eine nachhaltige und soziale Mobilitätsplattform für ein besseres Miteinander zu schaffen. Klassisches Fahrzeugsharing soll dabei mit Fahrgemeinschaften und Mitbringfunktionen verbunden werden. „Es ist nachhaltig, es spart Geld, es baut Kontakte auf und es schafft Einkommen“, erklärte Weiser. Innerhalb von Quartieren sollen bedarfsgerechte Fahrzeuge zur Verfügung gestellt, Mitfahrgelegenheiten und auch ein Mitbringservice geschaffen werden. „Etwa für die, die nicht mehr so mobil sind.“
Prof. Dr. Achim Kampker, der als Universitätsprofessor an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen innerhalb von vier Jahren mit dem Streetscooter ein eigenes Elektrofahrzeug entwickelt hat, das mittlerweile tausendfach für die Deutsche Post DHL Group in Städten unterwegs ist, erklärte, was E-Mobilität braucht, um auch in Deutschland durchzustarten. „Die Zeit läuft uns davon. Wir können nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen. Es gibt keinen Hinderungsgrund, Dinge anzugehen, da, wo man steht.“ Dabei sei es nicht nötig, auf Politik und Konzerne zu warten, „denn wir selbst entscheiden durch unsere Kaufentscheidungen mit“. Würden viele große Autos wie SUV gekauft, würden viele davon gebaut. So verhalte es sich auch in Sachen E-Mobilität. Um Lösungen für die Verkehrsprobleme in Städten zu schaffen, reiche es nicht aus, Verkehrsmittel eins zu eins zu ersetzen. „Die einzelnen Lösungsbausteine gibt es bereits. Jetzt gilt es, Hand in Hand zu arbeiten. Da gehören auch Architekten und Städteplaner dazu“, erklärte Kampker.
Dr. Petra Beckefeld, Leiterin des Tiefbau- und Vermessungsamts der Stadt Wiesbaden, erläuterte anschließend, wie das Thema Logistik in Wiesbaden nachhaltig gestaltet wird. Hierzu dient das Projekt „Digi-L“, das gerade gestartet ist. Dafür konnte Beckefeld 15 Millionen Euro Fördergelder einwerben. Die Ergebnisse mehrerer Workshops sollen im Sommer zusammengetragen und in die städtischen Gremien gegeben werden.
In der abschließenden Diskussionsrunde regte eine Zuhörerin tarifbezogene Preise an; auch ein einheitliches Tarifsystem der einzelnen Verkehrsverbünde könne sie sich vorstellen. In Anlehnung an die Ausführungen von Petra Beckefeld fragte sich eine weitere Dame, wie noch mehr Verkehr durch Paketdienste vermieden werden könne, wenn die Kapazitäten im Logistikverkehr verbessert würden. Lob fand ein Zuhörer für das von Franziska Weiser vorgestellte Modell „Carré Mobility“, „denn wir legen mittlerweile viele unsinnige Wege zurück und hinterfragen dabei kaum unser eigenes Verhalten“.
Die gesamte Veranstaltung ist per Video dokumentiert: https://www.mobilitaet365.de/fakten/